Pferde­gestütztes Persönlichkeits­training

Viele begabte Kinder und Jugendliche sind nicht nur sehr klug, sondern auch äußerst sensibel. Im Alltag stehen sie häufig vor besonderen Herausforderungen: Sie sind anders, sie passen nicht ins System, nicht in die Gruppe. Das Selbstwertgefühl leidet, Ablehnung und Ignoranz der Umwelt können tiefe seelische Wunden schlagen. Solche negativen Erfahrungen können die Persönlichkeitsentwicklung ungünstig beeinflussen.


Das pferde­gestützte Training zur Persönlichkeits­entwicklung bietet einen Gegenentwurf: Hier werden ganz bewusst mit Spaß und Freude positive Entwicklungen angestoßen und gefördert.

Warum ist pferdegestütztes Training für hochbegabte Kinder und Jugendliche sinnvoll und erfolgreich? 

Im pferdegestützten Coaching zur Persönlichkeitsentwicklung werden viele Aspekte der Persönlichkeit bewusst erlebt und gefördert:

Viele hochbegabte und sensible Kinder erleben im Alltag Ohnmachtsgefühle. Häufig werden sie in ihrer Eigenart nicht gesehen, im Schulsystem gehen sie schnell unter. Hilflosigkeit und das Gefühl von Ausweglosigkeit können in letzter Konsequenz zu schweren Depressionen führen. 


Im Umgang mit dem Pferd sammeln diese Kinder ganz andere Erfahrungen: Sie können etwas bewirken, sie können etwas bewegen und sie sind wichtig. Ihr Wille versetzt vielleicht keine Berge – aber 400 kg auf vier Hufen sind kein Problem! Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dieser Wille auch deutlich erkennbar vorhanden ist. In diesem Zusammenhang lernen die Kinder und Jugendlichen, sich eindeutig zu positionieren und zu artikulieren, Verantwortung in der Führungsrolle zu übernehmen und sich durchzusetzen. Das Selbstbewusstsein wird im doppelten Wortsinn gestärkt: Nicht nur die innere Stärke wird gefördert, sondern auch das Bewusstsein für das eigene Selbst, für den eigenen Körper.

Der Umgang mit Pferden ist ganz grundsätzlich – immer und in jedem Fall – eine Übung in Achtsamkeit und Fokussierung. Das Pferd spürt, ob der Mensch ganz bei ihm und zugleich ganz bei sich selbst ist, und reagiert entsprechend. Konkret bedeutet das: Wenn die Konzentration und der Fokus fehlen, reagiert das Pferd ebenfalls unkonzentriert – es entstehen Missverständnisse, und das gewünschte Ergebnis wird kaum erreicht. So ist jeder Umgang mit dem Pferd ein effektives Konzentrationstraining, das umso besser wirkt, weil es meist freiwillig und gerne absolviert wird.

Gerade besonders kluge Kinder und Jugendliche sind häufig rein kopfgesteuert. Alles wird logisch betrachtet, das Für und Wider wird abgewogen, rationale Argumente werden gesucht. Doch auch das Bauchgefühl spielt eine wichtige Rolle bei Entscheidungen. Im Umgang mit dem Pferd können die Teilnehmer lernen, ihr Bauchgefühl zu erspüren und ihre Intuition zu stärken – indem sie zunächst erfahren, wie sie ihr Gegenüber erspüren und fühlen können. Dem Pferd begegnen sie zuerst auf der Gefühlsebene, die bei der Arbeit mit dem Pferd immer beachtet und berücksichtigt werden muss. Kopf, Herz und Bauch Hand in Hand: Das ist unser Ziel.

Wer etwas erreichen möchte, wer mutig sein will, muss sich seinen Ängsten stellen. Im Umgang mit dem Pferd können vorhandene Ängste Schritt für Schritt konfrontiert werden, um dabei negative Vorstellungen zu überwinden und durch eine positive Grundhaltung zu ersetzen. Dabei wird Verantwortung übernommen – sowohl für sich selbst als auch für den vierbeinigen Partner. Und das steigert wiederum das Selbstwertgefühl.

Vertrauen und Respekt sind die Basis jeder guten Beziehung. Das gilt auch für die Beziehung zwischen Pferd und Mensch. Wir fordern keinen bedingungslosen Gehorsam, wir respektieren das Wesen des Pferdes. Ganz wichtig: Sowohl Vertrauen als auch Respekt sind keine Einbahnstraße. Wir können und müssen beides vom Pferd einfordern – aber wir müssen es im Gegenzug auch schenken. Voraussetzung dafür ist immer eine eindeutige Kommunikation. Diese Beziehungsgestaltung weist den Weg zu wertvollen und tiefgehenden zwischenmenschlichen Beziehungen, die auf der gleichen Basis ruhen.

Gerade begabte Kinder und Jugendliche haben in puncto Frustrationstoleranz häufig Defizite. Vieles fällt ihnen leicht, doch umso stärker leider sie unter Rückschlägen und Misserfolgen.  Die Herausforderung besteht darin, den Fehlschlag zu akzeptieren und daraus zu lernen, damit es zukünftig wieder besser funktioniert. 


Pferde sind Lebewesen, die – wie Menschen auch – einer Tagesform unterliegen. Nicht alles funktioniert immer gleich gut, Rückschläge gehören dazu. Sie werden positiv genutzt, um das Gespür für das Pferd zu verbessern und die Kommunikation zu verfeinern. Fehler sind keine Katastrophen – Fehler sind Helfer!

 

Wissenschaftliche Evidenz

Wie der Umgang mit Pferden und der Reitsport die Persönlichkeit prägen, wurde im Auftrag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in einer repräsentativen Studie im Jahr 2012 untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Reiten die charakterliche und soziale Entwicklung positiv beeinflusst: „Reiter sind zielstrebig, begeisterungsfähig, strukturiert und ausgeglichen.“ Mehr dazu: Reiten fördert die charakterliche und soziale Entwicklung (pferd-aktuell.de)


Auch eine vergleichende Studie aus Ungarn (2020) belegt, dass die Beschäftigung mit Pferden sich positiv auf die emotionale Entwicklung und das Verhalten von Jugendlichen auswirkt. Untersucht wurden 525 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 18 Jahren. Es zeigte sich, dass Schülerinnen und Schüler, die regelmäßigen Kontakt zu Pferden hatten, weniger emotionale Schwierigkeiten und Verhaltensprobleme hatten und ein ausgeprägtes prosoziales Verhalten aufwiesen. Sie waren einfühlsamer und zeigten bessere soziale Kompetenzen als die Schüler und Schülerinnen der Vergleichsgruppe.

Mehr dazu: Studie: Kontakt mit Pferden macht Jugendliche hilfsbereiter, sozialer und einfühlsamer - ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal - News / Aktuelle News

Sogar schulische Leistungen können durch die Bewegung auf dem Pferderücken verbessert werden. Japanische Forscher ließen über 100 Kinder vor und nach dem Reiten Rechen- und Reaktionsaufgaben lösen. Schon nach zehn Minuten Reiten im Schritt zeigten 46 Prozent der Kinder deutlich bessere Leistungen. Die Forscher erklären das Ergebnis durch die Bewegungen des Pferdes, die sich auf das Kind übertragen und dort das sympathische Nervensystem aktivieren.
Mehr dazu: Studie: Macht Reiten Kinder schlau? | cavallo.de 


Es gibt noch viele weitere Studien, in denen der Einfluss von Pferden und Reiten auf die Psyche des Menschen untersucht wurde. Im Buch „Pferde, Forschung & Psychologie kompakt: 150 wissenschaftliche Studien zu Pferden und ihrer Wirkung auf Menschen (Psychologie für Reiter)“ von Prof. Dr. Kathrin Schütz kann umfänglich nachgelesen werden, zu welchen Leistungen Pferde fähig sind und welche Effekte sich im Umgang mit Pferden ergeben: https://amzn.eu/2OpzZ36

Das Kursprogramm

Am effektivsten ist ein Einzeltraining. Hier lernen die Kinder und Jugendlichen in einem geschützten Raum, sich konzentriert auf das Pferd einzulassen und den Umgang und die Kommunikation bewusst zu gestalten. Wenn Grundkenntnisse vorhanden sind, können auch kleine Gruppen gebildet werden. Grundsätzlich werden mindestens fünf Einheiten angesetzt.


Da alle Einheiten individuell gestaltet werden, gibt es keinen festen Zeitplan – jede und jeder erhält die Zeit, die benötigt wird. Kinder und Jugendliche mit reiterlichen Vorkenntnissen werden mit angepassten Herausforderungen konfrontiert.

Einfühlungsvermögen und Empathie

Beim ersten Kennenlernen wird ein Kontakt zum Pferd aufgebaut. Dazu gehören Tätigkeiten wie putzen, pflegen, fühlen: Die Kinder erfahren den Pferdekörper und erkennen die Reaktionen des Pferdes. Eine erste Kommunikation mit dem Pferd wird angestoßen.

Führen mit Verantwortung

Eine positive und präzise Kommunikation und eine genaue Beobachtung des Pferdes ermöglichen es, das Pferd exakt zu führen. An der Hand werden erste kleine Hindernisse überwunden – wenn das Pferd seinem Führer vertraut und ihn respektiert. Als Führer übernimmt das Kind Verantwortung.

Konzentration und Körpersprache

An der Longe, aber auch ganz ohne Halfter und Strick kann das Pferd gelenkt, getrieben, gestoppt und generell beeinflusst werden. Schlüssel dazu sind eine sichere Positionsarbeit, eine gute Körperbeherrschung und die volle Konzentration der Führungsperson, die die Reaktionen des Pferdes erkennen und unmittelbar reagieren muss. Dabei zeigt sich: Schon kleinste Veränderungen (z. B. der Körpersprache) können viel bewirken.

In der Balance

Hier geht es um inneres und äußeres Gleichgewicht. Losgelassen, vertrauensvoll, entspannt und doch kontrolliert werden auf dem Pferd leichte Turnübungen absolviert, erst im Stand, dann auch im Schritt. Die Kinder und Jugendlichen fühlen ihren eigenen Schwerpunkt und bringen ihn in Einklang mit dem Pferdekörper. Das Körperbewusstsein wird gefördert, das Vertrauen wächst.

Vertrauen und Selbstwirksamkeit

Auf dem Pferderücken erfahren die Kinder und Jugendlichen Selbstwirksamkeit, wenn sie erleben, wie das Pferd sie mitnimmt, sie trägt und zugleich auf sie hört. Dabei entfaltet sich eine gemeinsame Freude an der Bewegung.